Kürzlich veröffentlichte Materialien des US-Außenministeriums (State Department) werfen ein neues Licht auf den CIA-geführten Putsch 1953 im Iran. Das berichtet die Schweizer Wochenzeitung WOZ in ihrer gedruckten Ausgabe vom 7. September. Danach hat ein Vertreter der US-Öl-Industrie aktiv mitgemacht und deren Interessen gesichert.
Der Ölmanager Max Thornburg spielte laut den vom State Department freigegebenen Dokumenten eine größere Rolle bei dem Putsch gegen den iranischen Regierungschef Mohammad Mossadegh als bisher bekannt, schreibt die Schweizer Wochenzeitung WOZ. Der damalige CIA-Vizedirektor Allan Dulles habe Thornburg beauftragt aufzuschreiben, wie er sich die Zukunft des Irans vorstelle. Das vierseitige „Thornburg Program“ vom 22. August 1952 habe einen Putsch des Schahs gegen die demokratische gewählte Regierung vorgeschlagen.
Der Ideengeber war Manager des US-Ölkonzerns Standard Oil. Als solcher soll er in den 30er Jahren mit dem späteren CIA-Chef in Kontakt gekommen sein, der damals laut WOZ in der Wirtschaftskanzlei Sullivan & Cromwell saß. Die habe den Konzern im Ausland vertreten. Thornburg sei 1948 das erste Mal in den Iran gekommen. Als „Emissär einer neuen Weltordnung“ habe er Mohammad Resa Schah Pahlawi beraten und zu Reformen in der Ölindustrie geraten. Die war durch Streiks infolge schlechter Arbeitsbedingungen in Schwierigkeiten. Der „Stellvertreter des US-Privatsektors“ habe 1950 bereits dem Schah geraten, die Gegner seines Entwicklungsprogramm verhaften zu lassen.
Seine Hoffnungen seien aber erst 1953 erfüllt worden, „als die nach einem Reinigungsmittel benannte CIA-Operation ‚Ajax‘ die demokratisch legitimierte Regierung Mossadeghs wegfegt“. Zuvor habe das iranische Parlament Thornburgs Reformen abgelehnt und gefordert, die Ölindustrie zu verstaatlichen. Die Arbeitskämpfe hätten vor allem der kommunistischen Tudeh-Partei Zulauf gebracht, erinnert der WOZ-Beitrag, und zur Wahl Mossadeghs als Ministerpräsident durch das Parlament 1951 geführt.
Bollwerk gegen die Sowjetunion
Dieser habe „relativ gutes Verhältnis zu den USA“ gehabt, wohingegen er die zuvor dominanten Briten aus dem Land warf. Washington habe ihn sogar als „ein alternativloses Bollwerk gegen die Sowjetunion gesehen“. Doch nachdem auch Mossadegh die Unruhen nicht stoppen haben könne, hätten die USA wieder befürchtet, der Iran könnte „den Sowjets zufallen“. Daraufhin habe die CIA 1952 den Standard Oil-Manager um Hilfe gebeten, so WOZ-Autor Roman Enzler. „Eine demokratische Regierungsform sei im Iran fehl am Platz, meint Thornburg. Die USA könnten zuschauen, wie das Land scheitere und hinter den Eisernen Vorhang falle, oder Schritte hin zu einer ‚vernünftigeren Regierung‘ unterstützen.“
Der Plan habe eine Diktatur der „eisernen Hand“ vorgesehen: mit ausgerufenen Notstand, verhafteten Politikern, aufgelöstem Parlament und verbotenen Zeitungen. Der Schah sei aus CIA-Sicht dafür als ungeeignet eingeschätzt worden. Trotzdem wurde er in die weiteren Planungen einbezogen, wie die Dokumente laut der WOZ zeigen. Mit Hilfe massiver Propaganda sollte dabei Stimmung gegen Mossadegh und für den Schah gemacht werden.
Antikommunistische Zielrichtung
Als Dulles im Januar 1953 CIA-Chef wurde, habe er erneut den Ölmanager Thornburg eingeladen. Nach der Entscheidung, sich im Iran zusammen mit den Briten einzumischen, hätten die USA aber auf den Manager verzichtet, weil London ihn verachtet habe. Der WOZ-Beitrag verweist auf ein interessantes Detail:
„General Faslollah Sahedi soll gemäss Planung Mossadeghs Nachfolger unter einem per Dekret regierenden König werden. Unter anderem wird Sahedis Zusammenarbeit mit den Nazis während des Zweiten Weltkriegs in einem Memorandum positiv hervorgehoben: ‚Der General wird bestimmt nicht plötzlich zum Kommunisten werden‘, so die Logik des Geheimdienstes.“
Den veröffentlichten Entwürfen für die „Ajax“-Operation nach sollte Mossadegh mit Hilfe der Propaganda in die Nähe der kommunistischen Tudeh-Partei gerückt werden. Die wiederum sollte verdächtigt werden, den Schah stürzen zu wollen. Dieser habe die Putschplane abgelehnt, so die WOZ, und erst auf Druck durch die CIA eingewilligt.
Putsch-Ziel erreicht – bis 1979
Der Putschversuch am 16. August 1953 sei zuerst gescheitert, weil der Ministerpräsident von einem loyalen Armeeoffizier gewarnt worden sei. Die Putschisten seien verhaftet worden und der Schah vorsorglich nach Bagdad abgehauen, erinnert die Zeitung. Washington habe den Umsturz abgeblasen, doch einige CIA-Agenten vor Ort hätten weitergemacht. Sie verbreiteten Kopien des vorbereiteten Schreibens vom Schah für die Absetzung des Premiers und Flugblätter, wonach Mossadegh den Schah ins Exil geschickt habe. Dazu organisierten sie einen bezahlten Mob, der sich als kommunistisch ausgab und in Teheran randalierte. Die Folgen beschreibt die WOZ so:
„Das Ziel ihrer US-Sponsoren, den roten Teufel an die Wand zu malen, verfehlten sie nicht: Am Folgetag bildeten sich Massendemonstrationen gegen die Kommunisten, gegen Mossadegh und für den Erhalt der Monarchie. In der Folge wird Mossadegh doch noch von Einheiten der Armee festgenommen und Sahedi neuer Ministerpräsident.“
Die Ideen- und Auftraggeber in den USA konnten sich zurücklehnen: „Wie Thornburg es skizziert hatte, wird der Schah nach seiner Rückkehr zum Autokraten, der zur Beilegung des Ölstreits Hand bietet. Standard Oil und vier weitere US-Unternehmen erhalten ein Stück vom Kuchen, und der Iran wird zum größten Abnehmer US-amerikanischer Rüstungsguter.“ Bis 1979 der Schah durch die islamische Revolution gestürzt wird und Ayatollah Khomeini die Macht im Iran übernimmt. Der weitere Gang der Geschichte bis heute dürfte bekannt sein.