Die Möglichkeit des Friedens wird von unseren Politikern verneint,
als ob er mehr noch als ein thermonuklearer Austausch
eine Bedrohung wäre.
Emmanuel Todd in «Der Westen im Niedergang»
Was für ein Schauspiel wurde uns da am Freitag live im Weißen Haus geboten: US-Präsident Donald Trump und sein Vize James D. Vance liefern sich mit dem Kiewer Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein Wortgefecht, dass mit dem Abbruch des Treffens endet. Sie können in einer von mir erstellten Zusammenfassung der Aussagen das Ereignis nachvollziehen.
Beide Seiten haben sich aber nicht gestritten, sondern unvereinbare Positionen klargestellt: Selenskyj will keinen Waffenstillstand und hat die Geschichte des Ukrainekonflikts verfälscht. Zugleich hat er Trump und Vance erzählt, dass Putin die USA angreifen will.
Trump hat Selenskyj gesagt: «Wenn Du Dein Land retten willst, musst Du Frieden machen, mit unserer Unterstützung!» Zugleich hat er ihn gewarnt, dass er mit seinem Unwillen zum Frieden den 3. Weltkrieg provoziert.
Das ist die Kurfassung dessen, was geschehen ist und historisch wahrscheinlich einmalig ist. Nicht mal im Kalten Krieg gab es solche Szenen, abgesehen vom sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow, der 1960 in der UNO wutentbrannt mit seinem Schuh auf’s Rednerpult schlug.
Das Besondere am aktuellen Ereignis ist, dass sich da zwei Seiten verbal angingen, die eigentlich als Verbündete gelten. Und ohne die USA hätte es den nun seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg in der Ukraine nie gegeben.
Aber dafür ist eine Führungsschicht in der US-Elite verantwortlich, die mit dem zweiten Amtsantritt Trumps anscheinend abgedankt hat und von der Macht entfernt wird. Das macht wahrscheinlich den etwas verwirrenden Unterschied aus, dass Washington nun ein Ende des Krieges anstrebt.
Und genau das ist der Grund für den Eklat am Freitag im Weißen Haus: Trump will das Sterben in der Ukraine beenden, wie er mehrfach erklärte. Aber Selenskyj im schwarzen Pullover erklärte mehrfach, Putin müsse gestoppt werden, und verweigerte einen Waffenstillstand.
Während der Mann aus Kiew wieder alle möglichen Vorwürfe gegen Russland vorbrachte, die ihm sonst in westlichen Staaten viel Beifall bringen, stieß er im Oval Office damit auf taube Ohren. Der US-Präsident erklärte ihm, so könne er nicht mit Putin verhandeln, und sein Vize betonte, die USA hätten nun den Weg des Friedens und der Diplomatie gewählt.
Das ist eigentlich das schier Unglaubliche und Verblüffende, solches aus der US-Führungszentrale zu hören. Und es scheint so unglaublich und verblüffend, dass die bisher treuen Vasallen der USA im Westen und vor allen in der EU nicht damit zurecht zu kommen scheinen.
Sie steigern ihre ideologisch bedingte, irrationale Haltung und fordern mehr Krieg bis zum Endsieg der Ukraine – der niemals kommen wird und was dem Land nur noch mehr Zerstörung bringt. Wie besessen sehen sie den Kiewer Präsidenten weiter als Opfer und schwadronieren etwas von der russischen Gefahr, die nicht nach der Ukraine Halt machen werde.
Das ist das wirklich Unglaubliche. Und auch für diese kriegshetzenden Politiker gilt, was Trump Selenskyj vorwarf:
«Sie spielen mit dem Leben von Millionen von Menschen! Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg!»
Stattdessen sollten diese Politiker, die nicht in unserem Namen reden und handeln, besser wieder dem Beispiel Washingtons folgen, das US-Vizepräsident Vance so beschrieb:
«Der Weg zum Frieden und der Weg zum Wohlstand besteht vielleicht darin, sich für Diplomatie zu einzusetzen.»
Was muss geschehen, bevor die Menschen in Europa aufwachen und sich dafür einsetzen, dass jene, die sie regieren, diesem neuen US-amerikanischen Motto folgen?
Dieser Text wurde zuerst als Newsletter des Onlinemagazins Transition News am 1. März 2024 veröffentlicht.