Kiews Präsident Selenskyj will keinen Waffenstillstand, wie er beim Treffen mit US-Präsident Trump am Freitag erklärte. Während er den Krieg fortsetzen will, «um Putin zu stoppen», will Trump das Sterben in der Ukraine beenden. Die unterschiedlichen Positionen führten zum historischen Eklat.
Es ist schier unglaublich, was da am Freitag vor laufenden Kameras im Weißen Haus, dem Sitz des US-Präsidenten, geschah. Mehrere Jahre lang hofierten fast alle westlichen Politiker, allen voran der USA, den Kiewer Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und schienen – vor ihm auf die Knie fallend – ihm alle Wünsche zu erfüllen. Manchmal half der ukrainische Schauspieler im Präsidentenamt mit Erpressung und Drohung nach, damit der Krieg bis zum vermeintlichen Sieg der Ukraine weitergeht – den er mit einer anderen Politik gegenüber der Ostukraine hätte verhindern können.
Doch der jetzige US-Präsident Donald Trump und sein Vize James D. Vance schienen nun genug davon zu haben und wiesen Selenskyj bei dessen Besuch zurecht und brachen die geplanten Gespräche mit ihm ab. Ihr Vorwurf: Er verweigere eine Friedenslösung für sein geschundenes Land, welche die USA nun anstreben würden. Die etablierte Medienwelt des Westens steht Kopf, ebenso jene westlichen Politiker, vor allem in der Europäischen Union (EU), die keinen Frieden für die Ukraine wollen und mit ihrer Kriegshetze gegen Russland fortfahren. Das zeigen die ersten Reaktionen, bei denen wie üblich Selenskyj als das Opfer dargestellt und weggelassen wird, wie es zu der Eskalation bei dem Treffen kam, an der der Kiewer Präsident mindestens aktiv beteiligt war.
Das zeigt ein Blick auf das, was im Weißen Haus gesagt wurde, wobei natürlich auch die Köpersprache der Beteiligten eine wichtige Rolle spielt. Ich stütze mich dabei auf den Mitschnitt des US-Sender C-SPAN des Treffens und des Transkriptes davon. Bei dem etwas mehr als 45 Minuten dauernden Treffen sollte es vorrangig um das Rohstoffabkommen gehen, das unterzeichnet werden sollte. US-Präsident Trump lobte zu Beginn seinen ukrainischen Amtskollegen deutlich und zollte ihm und den Ukrainern Respekt, für das, «was ihr durchgemacht habt». Es gehe darum, ein Abkommen abzuschließen sowie eine Vereinbarung zu treffen, um den Krieg und das Sterben der Soldaten zu beenden – «wir wollen, dass das aufhört».
Letzteres wiederholte Trump mehrfach und begründete damit, warum er mit Russland und dessen Präsident Putin verhandelt. Selenskyj dagegen erklärte gleich zu Beginn, er zähle darauf, dass die USA ihre Unterstützung nicht einstellen, und «auf Ihre starke Position, um Putin zu stoppen».
Kein Deal mit Putin
Er bezeichnete Russlands Präsident als «Mörder» und »Terrorist», der gestoppt werden müsse, um «unser Land, unsere Werte, unsere Freiheit, unsere Demokratie zu retten». Es dürfe dabei «keine Kompromisse mit einem Mörder» geben, so der Mann aus Kiew im schwarzen Pullover. Er legte damit den Grundstein für den späteren Eklat. Selenskyj warf wie bei seinen vorherigen bejubelten Auftritten vor westlichen Politikern Russland und dessen Präsidenten eine Reihe von Verbrechen vor, so die Entführung tausender Kinder und den angeblich verweigerten Gefangenenaustausch. Russland halte sich an keine Regeln und auch nicht an das Kriegsvölkerrecht, behauptete er.
Doch diesmal bekam er im Weißen Haus keinen Beifall, sondern erntete deutlichen Widerspruch. Der US-Präsident erklärte, dass es keine Geschäfte, keine «Deals», ohne Kompromisse gebe und auch Selenskyj müsse solche eingehen. Trump bezeichnete sich als Schlichter und Vermittler, der alle am Konflikt Beteiligte an einen Tisch bekommen wolle. Er wolle als Friedensstifter in die Geschichte eingehen, sagte er auf eine Journalistenfrage. Und er wolle Leben retten und Geld sparen, auch wenn der zweite Punkt weniger wichtig sei.
Der Krieg in der Ukraine sei eine «gefährliche Situation, die in den 3. Weltkrieg führen könnte». Die USA würden zwar weiter Waffen in die Ukraine schicken, kündigte Trump an und fügte hinzu, dass es «hoffentlich nicht viele» sein würden. Er hoffe darauf, dass der Krieg schnell beendet werden könne, «damit wir andere Dinge tun können». Er mache sich keine Sorgen um die Sicherheit der Ukraine, sondern darum wie der Deal für ein Kriegsende zustande kommen kann. Ein Waffenstillstand und europäische Friedenstruppen seien die Garantien für Sicherheit. An Selenskyj gerichtet sagte Trump, er glaube nicht, «dass Sie viel Sicherheit brauchen werden».
Das Sterben stoppen
Er fühle sich als US-Präsident verpflichtet, das Sterben in der Ukraine zu stoppen und den Weg zum Frieden zu finden. Es hätte keinen Krieg gegen dürfen, sagte er im Laufe des Treffens mehrmals. Der Kiewer Präsident erklärte dagegen, ein Waffenstillstand mit Russland werde «nie funktionieren». Putin habe 25mal einen solchen gebrochen, wobei er nicht genau sagte, wann und wie. Vielleicht meinte er die Minsker Abkommen, die aber keinerlei Verpflichtungen für Moskau enthielten.
Deshalb werde die Ukraine «niemals einen Waffenstillstand akzeptieren», machte Selenskyj klar und sagte damit, dass er den Krieg weiterführen will, wofür er wieder um US-Unterstützung und Waffen bat. Russland würde weiter Krankenhäuser und Schulen bombardieren, während er mit Trump spreche. Er forderte US-Garantien, die die EU allein nicht geben würden, um die Nato nicht zu spalten. Die Ukraine brauche mehr Waffen, «sonst wird Putin nicht aufhören und immer weiter und weiter gehen». Laut Selenskyj hasst der russische Präsident die Ukrainer und will die Ukraine zerstören.
Putin habe den Krieg angefangen und müsse dafür zahlen, wobei die eingefrorenen rund 300 Milliarden russische Vermögenswerte im Ausland nicht reichen würden. Trump sagte dazu, er wolle den Konflikt lösen und dabei sei es schlecht, über die andere Seite schlecht zu sprechen. Er warnte Kiew:
«Wenn wir es nicht lösen können, werden Sie es ausfechten müssen, und wer weiß, was dann passiert.»
Er erklärte, die USA seien der Nato verpflichtet, aber die Europäer müssten sich mehr für ihre Sicherheit engagieren und mehr Geld dafür ausgeben. Er bezeichnete es als «bedauerlich», dass sich die beiden Konfliktseiten nicht mögen, und erklärte, dass die USA den Krieg nie hätten zulassen dürfen.
Drohung mit Putin
Selenskyj sagte daraufhin, die Ukrainer würden wie niemand anders den Krieg beenden wollen. Aber zugleich behauptete er, «alle Europäer würden erkennen, dass wir sie verteidigen», weshalb sie die Ukraine unterstützen würden. Und wieder versuchte er es mit der Angstmache: Wenn die Ukraine verliere, würde Russland die baltischen Staaten und dann Polen angreifen. Der US-Präsident sagte, er wolle nicht über die Zerstörungen reden, sondern «über eine Einigung und Frieden» sprechen. Worauf ihm Selenskyj erklärte, «die Ukraine lebt», die Menschen würden zur Arbeit und die Kinder in die Schule gehen. Nur in der Nähe der Frontlinie sei das Leben schwierig – aber Putin habe 700.000 Soldaten verloren.
Trump sagte auf eine Frage zu seinen Gesprächen mit dem russischen Präsidenten und einem möglichen Rückzug der russischen Truppen aus Gebieten mit den begehrten Rohstoffen: «Wir werden uns einigen.» Russland werde auch das Abkommen zu den Seltenen Erden nicht gefährden. Dessen sei er sich sicher, sonst würde er keinen Deal machen. Auf eine weitere Journalistenfrage sagte der US-Präsident, er weigere sich, «schreckliche Dinge über Putin» zu sagen. Danach könne er diesem nicht sagen: «Hallo Wladimir, wie sieht es mit dem Geschäft aus?» Nur weil er mit Russland verhandele, sei er nicht mit diesem verbündet, stellte Trump klar.
Und er betonte, dass mit Härte allein keine Einigung in dem Konflikt zu erreichen sei. Vizepräsident James D. Vance fügte hinzu:
«Der Weg zum Frieden und der Weg zum Wohlstand besteht vielleicht darin, sich für Diplomatie zu einzusetzen.»
Was die USA zu einem guten Land mache, sei sein Engagement für Diplomatie, was Trump mache. Daraufhin erklärte der Kiewer Präsident seinen US-amerikanischen Gesprächspartnern, Russland habe 2014 große Teile seines Landes besetzt, neben der Krim die Ostukraine. Und niemand habe Putin bisher aufgehalten, während er das Land besetzt und Menschen tötet.
Unbelegte Vorwürfe
Wieder die Fakten behauptete Selenskyj, Russland habe die Menschen an der sogenannten Kontaktlinie in der Ostukraine getötet und niemand habe das verhindert. Er habe mehrfach mit Putin gesprochen und 2019 mit ihm einen Deal unterzeichnet, ebenso mit Putin, Macron und Merkel einen Waffenstillstand, wovor ihn alle gewarnt hätten. Doch Putin habe den Waffenstillstand gebrochen, Ukrainer getötet und würde keine Gefangenen austauschen, sagte Selenskyj wahrheitswidrig. «Von welcher Art von Diplomatie sprichst Du, J.D.?», fragte er den US-Vizepräsidenten. Der erklärte ihm, dass er von einer Diplomatie spreche, die die Zerstörung der Ukraine beende. und fügte hinzu:
«Herr Präsident, bei allem Respekt, ich halte es für respektlos, wenn Sie ins Oval Office kommen und versuchen, das vor den US-amerikanischen Medien zu verhandeln.»
Gegenwärtig habe die Ukraine Personalprobleme und schicke deshalb Wehrpflichtige an die Front. Deshalb solle Selenskyj dankbar sein, wenn Trump versuche, den Konflikt zu beenden. Worauf der Mann aus Kiew mit verschränkten Armen anzweifelte, dass Vance die Probleme der Ukraine kenne. Der US-Vizepräsident erinnerte ihn daraufhin an seine Propagandatouren und wiederholte, es sei nicht respektvoll, «die US-Regierung anzugreifen, die versucht, die Zerstörung Ihres Landes zu verhindern».
Selenskyj sieht USA gefährdet
Selenskyj ließ nicht locker und erklärte den US-Politikern, sie seien noch dank des Ozeans sicher, würden aber in Zukunft die Gefahr zu spüren bekommen. Darauf schien es Trump zu viel zu werden, der seinem gegenüber erklärte:
«Sagen Sie uns nicht, was wir fühlen werden. Wir versuchen, ein Problem zu lösen.»
Selenskyj sei nicht in der Position, den USA etwas vorzuschreiben, doch der drohte wieder: «Sie werden den Einfluss spüren.» Worauf er zu hören bekam, dass er zugelassen habe, dass die Ukraine in einer schlechten Lage sei. Trump erklärte ihm, dass er derzeit keine guten Karten habe und mit dem Leben von Millionen Menschen spiele.
«Ihr spielt mit dem Dritten Weltkrieg! Was Sie tun, is respektlos gegenüber diesem Land!»
Vizepräsident Vance erinnerte dazu Selenskyj daran, dass er sich bei einem Besuch in den USA im September 2024 in den US-Wahlkampf auf Seiten von Amtsvorgänger Joseph Biden eingemischt habe. Im weiteren Verlauf des nun klaren Wortgefechtes sagte Trump, dass die Ukraine den Krieg nicht gewinnen werde, «aber verdammt gute Chancen habe, da rauszukommen».
Ohne US-Hilfe nur kurzer Krieg
Daraufhin behauptete Selenskyj, die Ukraine stehe seit Beginn des Krieges allein da. Er habe sich in dem Raum im Weißen Haus mehrfach dankbar gezeigt. Das schien Trump nun ganz auf die Palme zu bringen, so dass er den Mann im schwarzen Pullover an 350 Milliarden Dollar Hilfe aus den USA erinnerte:
«Wenn Sie nicht über unsere militärische Ausrüstung verfügen würden, wäre dieser Krieg in zwei Wochen zu Ende gewesen.»
Er forderte Selenskyj auf dankbar zu sein und warf ihm vor, angesichts der Lage der Ukraine gegen einen Waffenstillstand zu sein. Dabei müsse er das Angebot dazu annehmen, damit niemand mehr sterbe. Der Kiewer Präsident behauptete, er wolle den Krieg beenden, aber er brauche Garantien und die Menschen in der Ukraine müssten zum Waffenstillstand befragt werden. Trump legte nach, erinnerte nochmal an die Waffenlieferungen aus seiner ersten Amtszeit und warnte Selenskyj, dass die Ukraine ohne US-Unterstützung scheitere. Gegen Ende wurde der US-Präsident nochmal gefragt, was geschehe, wenn Russland den Waffenstillstand bricht.
Daraufhin wiederholte er, dass er seinem russischen Amtskollegen vertraue, weil dieser ihn respektiere. Zugleich erinnerte an die falschen Behauptungen gegen Putin, sich in die US-Wahlen 2016 eingemischt zu haben. An Selenskyj gewandt, erklärte er diesem, er habe ihm zu einem «harten Kerl» gemacht, was er ohne die USA nicht hätte sein können. Und stellte ihm ein Ultimatum:
«Entweder machen Sie einen Deal oder wir sind raus. Wenn wir draußen sind, werden Sie es ausfechten. Ich glaube nicht, dass es schön sein wird.»
Und kurz darauf wurde das Treffen im Weißen Haus abgebrochen, Selenskyj verließ das Gebäude ohne unterzeichnetes Rohstoffabkommen. Trump zeigte sich später nicht bereit, die Verhandlungen wiederaufzunehmen, solange Selenskyj nicht bereit sei, eine Friedenslösung zu verhandeln.
Dieser Text erschien zuerst am 1. März 2025 im Onlinemagazin Transition News.