„Virologisches Grundrauschen“ – Österreichs Gesundheitsminister nennt neuen Grund für Maskenpflicht

In Österreich gilt ab Freitag wieder eine verschärfte Maskenpflicht. Danach müssen Masken auch in Supermärkten, Banken und in Postfilialen getragen werde. Österreichs Gesundheitsminister hat dafür in einem Interview eine Erklärung geliefert, die nichts mit dem Virus Sars-Cov-2 zu tun hat.

Mit einer neuen Erklärung für die wieder erweiterte Maskenpflicht hat der österreichische Gesundheitsmister Rudolf Anschober in einem TV-Interview überrascht. Er nannte nicht das Virus Sars-Cov-2 zuerst als Grund, sondern das „virologische Grundrauschen“ ebenso wie, dass sich derzeit in Österreich Rhinoviren verstärkt ausbreiten würden. Diese sind für Erkältungen und Schnupfen verantwortlich und sorgen nur sehr selten für schwerere Erkrankungen.

Die österreichische Bundesregierung hat am Dienstag wieder eine Maskenpflicht in Supermärkten, Bank- und Postfilialen eingeführt. Sie soll ab Freitag gelten und ist bereits in Bussen und Bahnen, im medizinischen Bereich sowie in einigen Regionen Österreichs angeordnet. Begründet wird das offiziell mit wieder steigenden Zahlen von positiven Tests auf das Virus Sars-Cov-2, das laut Weltgesundheitsorganisation WHO die Krankheit Covid-19 auslöst.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die Maßnahme laut dem Sender ORF mit dem Schutz besonders Schutzbedürftiger erklärt. Die Maske habe auch einen symbolischen Effekt, soll der Kanzler gesagt haben. Je mehr sie aus dem Alltag verschwinde, desto größer werde die Sorglosigkeit.

Neuer Grund für Maskenpflicht

Die Entscheidung wird in Österreich von vielen unter anderem als „Symbolpolitik“ kritisiert. Eine interessante Begründung lieferte der österreichische Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in der ORF-Sendung „ZIB 2“. Der Moderator hatte ihn darauf hingewiesen, dass es keine bekannten Infektionen mit dem Virus aus Supermärkten und Postfilialen gebe. Anschober dazu:

„Wir merken eben ein virologisches Grundrauschen wieder in Österreich. Ein Indikator für uns sind diese sogenannten Rhinoviren.“

Diese würden Erkältung und Schnupfen bewirken, erklärte der Minister.

Seit etwa vier Wochen würde dieser Parameter in Österreich wieder steigen, weshalb gehandelt werden müsse, sagte Anschober:

„Wir wollen nicht zu spät dran sein. Und deshalb war der Beschluss ein sehr vernünftiger, nämlich überall dort, wo Menschen, die einer Risikogruppe angehören, verkehren müssen, wo sie hingehen müssen, eben in den Lebensmittelhandel, zu Post und Bank, dass wir dort mit diesem Mund-Nasen-Schutz beginnen.“

Auf die Nachfrage des Modertors, warum die Maskenpflicht nicht wieder wie im Frühjahr in allen Geschäften eingeführt wird, sagte der Minister, zu den jetzigen Orten gebe es keine Alternativen. Niemand müsse ins Restaurant oder in ein Modegeschäft gehen, „aber ich muss mir Lebensmittel einkaufen, ich muss zur Bank gehen, ich muss zur Post gehen, muss in die Apotheke gehen“. Die Maske schütze nicht ihre Träger, „sondern schützt den anderen“, fügte der Politiker hinzu.

Psychologische Wirkung als Ziel

Anschober wiederholte, dass es darum gehe, die Risikogruppen zu schützen, damit diese an den genannten Orten sicher sich bewegen könnten. Der Moderator wollte von ihm wissen, warum trotz der unterschiedlichen Covid-19-Lage in den österreichischen Regionen die Maskenpflicht bundesweit gilt. In manchen Gegenden wie Vorarlberg und Burgenland sei es wahrscheinlicher, „vom Blitz getroffen zu werden als einem Corona-Infizierten zu begegnen“.

Es gehe auch um einen psychologischen Effekt, antwortete der Minister darauf „ganz offen und ganz ehrlich“. Seine Erklärung:

„Es geht darum, dass dieses deutlich gesunkene Risikobewusstsein wieder gesteigert werden muss, damit wir im Herbst keine große Überraschung erleben und eine zweite Welle auf jeden Fall verhindern können.“

Dann wiederholte er, dass das Auftreten der Rhinoviren in ganz Österreich derzeit wieder zunehme.

Dagegen müssten rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden, so Anschober, um dann wieder vom „Kampf gegen die Pandemie“ zu sprechen. Moderator Armin Wolf verwies gegenüber dem Minister auf die falsch-positiv-Rate der PCR-Test von etwa einem Prozent. Das würde bei derzeit österreichweit täglich etwa 8.000 Tests rund 80 positive Ergebnisse ergeben, die aber falsch seien.

Rhinoviren „unter dem Teppich“ entdeckt?

Den aktuellen Statistiken zu Folge werden etwa 100 neue Infektionen in Österreich gemeldet. „In Wahrheit wissen Sie doch überhaupt nicht, wie viele Menschen in Österreich Coronaviren haben“, sagte Wolf zu Anschober. Der Minister sprach daraufhin von einem „Restunsicherheitsfaktor“, den die Wissenschaft noch nicht ausschalten haben könne.

Aber die Grundaussage sei „sehr verlässlich“, behauptete er. Es gebe deshalb zusätzlich „sehr breite zusätzliche Tests, Screeningtests vor allem bei Risikogruppen, vor allem in Bereichen, wo es zwar keine Symptome gibt, aber wo wir wissen, dass es international entsprechende Fälle gibt“. Das laufe nach dem Motto „unter den Teppich schauen“.

Dabei scheinen Anschober und die anderen verantwortlichen in Österreich nun die Rhinoviren entdeckt zu haben. Diese gelten als Hauptverursacher für Schnupfen. Sie werden auch als verantwortlich für akute und chronische Bronchitis sowie für weitere Erkrankungen der Atemwege und -organe angesehen eine Rolle. Infektionen mit einem Rhinovirus verlaufen den Informationen nach meist mild und enden auch ohne Behandlung. Es gibt noch kein Mittel gegen sie, während sie bei vorgeschädigten oder immungeschwächten Patienten ernsthafte Folgen haben können.

Risikobewusstsein soll reaktiviert werden

Moderator Wolf erinnerte, dass immerhin schrittweise Veranstaltungen in Innenräumen mit einer wachsenden Zahl von Teilnehmenden, ohne Maskenpflicht, zugelassen werden. Anschober verwies dazu erneut auf das Risikobewusstsein und dass erfolgte Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen auch wieder zurückgenommen werden können.

Auf die Frage, ob er zu einer Veranstaltung mit etwa 50 Gästen gehen würde, sagte er, es käme darauf an, „welche Grundstimmung dort ist“. Für ihn sei diese vernünftig, wenn der Mund-Nasen-Schutz benutzt sowie die Abstände und die Hygieneregeln eingehalten werden: „Dort habe ich ein gutes Gefühl. Dort wird nichts passieren.“ Er gehe nicht an Orte, „wo das Risikobewusstsein weg ist“. „Unser Ziel ist ja genau, dieses Risikobewusstsein wieder zu reaktivieren, damit wir als Gesellschaft aufeinander aufpassen und Verantwortung übernehmen“, schob der Minister nach.

Sinn und Nutzen der Masken als Schutz vor einer Infektion bleiben umstritten. So hatte die Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Berliner Charité, Petra Gastmeier, bereits bei einer Pressekonferenz unter anderem mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt:

„Es hat keinen Sinn, wenn wir alle hier mit Masken rumlaufen“.

Die Expertin fügte mit Verweis auf die asiatischen Länder wie China, wo es zu Covid-19-Ausbrüchen trotz des dort gesellschaftlich längst verankerten Schutzmaskentragens kam, hinzu:

„Das hilft nicht. Das hat sich ja auch in Japan und China gezeigt.“