Offener Brief an Merkel: Ohne Beweise keine Erkenntnis im Skripal-Fall

Künstler, Wissenschaftler und Ingenieure haben mit einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel die bundesdeutsche Politik im Fall Skripal kritisiert. Sie fordern die Bundesregierung auf, sich für eine Deeskalation in der Russlandpolitik und eine Verbesserung der Beziehungen einzusetzen.

In dem von der Malerin Angela Hampel initiierten Offenen Brief wird kritisiert, die deutsche Regierung habe „Strafmaßnahmen gegen Russland gefordert, ohne konkrete Beweise zu haben“. Darüber berichtet die „Sächsische Zeitung“ (SZ) am Mittwoch.

Die Unterzeichner des Briefes fordern laut dem Bericht, den Fall des am 4. März mutmaßlich vergifteten russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und seiner Tochter ohne Vorverurteilung aufzuklären. Die Zeitung zitiert aus dem Schreiben an Merkel:

„Erinnern Sie sich bitte an die Zeit, als sie noch Physikerin waren. Wenn ein Physiker ein Elementarteilchen entdeckt hatte, oder ein Chemiker eine neue Substanz synthetisieren konnte: Welche präzisen und unwiderlegbaren Argumente musste er präsentieren, damit diese Erkenntnisse in das betreffende Fachgebiet aufgenommen wurden? Da nützte es nicht, mit einer Machtgeste oder medialem Rummel zu operieren. Es waren stringente Beweise gefordert.“

In der Politik scheine es anders zu sein, stellen die Unterzeichner fest:

„Wer die Macht hat, muss nichts beweisen. Ein paar Behauptungen, zurechtgezimmert und zu Pseudo-Beweisen stilisiert, reichen, um die Massenmedien und über diese einen großen Teil des Volkes zu überzeugen, dass Strafmaßnahmen legitim sind.“

Die Autoren weisen die Kanzlerin darauf hin, dass das westliche Vorgehen im Fall Skripal wirke, als würde „die Kausalität genau umgekehrt: Nicht das Verbrechen und die darüber offengelegten Beweise sind der Ausgangspunkt für die strafende Maßnahme, sondern die beabsichtigte Maßnahme ist der Ausgangspunkt für die erzeugten Beweise (manchmal auch für das stattgefundene Verbrechen).“ Die Unterzeichner fordern laut dem Zeitungsbericht die Bundesregierung auf, „dass sie sich nachdrücklich für eine Deeskalation in der Russlandpolitik und eine Verbesserung der Beziehungen einsetzt“.