Raumfahrtexperte über ISS-Zukunft: Zusammenarbeit im All vor dem Ende?

Warum die Europäer im Kosmos nicht stärker gemeinsam mit Russland zusammenarbeiten, besonders in der bemannten Raumfahrt, verwundert den Raumfahrtexperten Gerhard Kowalski. Im Studio-Interview erklärt er, warum der US-Ausstieg aus der Finanzierung der ISS für andere kein Problem, die Zukunft der Raumstation jedoch unklar ist.

Gerhard Kowalski im Sputniknews-Studio (Screenshot)

Der von US-Präsident Donald Trump vor kurzem angekündigte Ausstieg der USA aus der Mitfinanzierung der Internationalen Raumstation ISS ist kaum überraschend. Die an dem Projekt beteiligten Partner hatten vereinbart, die Station bis 2024 gemeinsam zu betreiben. Daran erinnert der Raumfahrtexperte und -journalist Gerhard Kowalski im Sputnik-Studiogespräch. Er findet es normal, wenn die Beteiligten nun ankündigen, danach im Kosmos etwas anders machen zu wollen. Zudem habe Trump angekündigt, dass die Station von Seiten der USA privat weiter finanziert werden kann.

„Die ISS ist eine internationale ‚Mir‘“

Kowalski weist auf russische Pläne hin, nach der ISS wieder eine eigene Raumstation aufzubauen und zu betreiben. Deshalb sei Russland kaum betrübt über die Ankündigung aus den USA: „Sie sind mit der ISS schon seit längerem nicht einverstanden, weil die ISS bereits die dritte Generation Raumstation nach den Salut-Komplexen und der ‚Mir‘ ist, die sie betreiben. Die ISS ist nichts weiter als eine größere und internationale ‚Mir‘.“

Die Europäer hätten dagegen noch nicht einmal beschlossen, sich bis 2024 an der ISS zu beteiligen, so Kowalski. Sie hätten sich bisher nur bis 2020 vertraglich verpflichtet – „weil sie gar nicht wissen, wie sie ihren Beitrag finanzieren sollen“. Europa hat nach früheren Projekten einer eigenen Raumstation und eines eigenen  Raumtransporters „Hermes“ keine große Idee in der bemannten Raumfahrt mehr entwickelt, sagt Kowalski. Deshalb gibt es zunehmend Zusammenarbeit mit China auf dem Gebiet, bis hin zu ersten Trainings von ESA-Raumfahrern mit chinesischen Kollegen, den „Taikonauten“.

Gutes Beispiel für Politik: Zusammenarbeit im All

Der Raumfahrtexperte wundert sich, warum die Europäer in der Raumfahrt nicht stärker mit Russland zusammenarbeiten. Er findet, es müsse überwunden werden, dass auf allen Gebieten Russlands „rumgehackt“ wird. „Sie sind nur gut, wenn sie mal jemanden mitnehmen“, sagte er mit Blick auf die Tatsache, dass die Besatzung der ISS seit Jahren nur mit russischen Sojus-Raumschiffen ins All gelangen.

Ein Ende der internationalen Raumstation sieht Kowalski als schlechtes Zeichen an. Sie ist aus seiner Sicht bisher ein Beispiel dafür, wie internationale Zusammenarbeit im All funktioniert – woran sich die Politik auf der Erde ein Beispiel nehmen kann, wie er meint.