Fake News in Propagandaschlacht der westlichen Medien um Ost-Aleppo und Mossul

Bei der Befreiung von Ost-Aleppo und Mossul hat der westliche Medien-Mainstream gezielt Fake News eingesetzt. Das stellt der Friedensaktivist Joachim Guilliard klar. Im Sputniknews-Interview macht er auf die Interessen hinter der westlichen Medienpropaganda aufmerksam, die in Ost-Aleppo die Opfer benutzt und sie in Mossul ausgeblendet hat.

Die Berichte der deutschen Medien zeigten, dass diese sich mehr an den Interessen der herrschenden Kreise hierzulande orientieren als an dem tatsächlichen Geschehen, stellte Joachim Guilliard im Interview mit Sputniknews klar. Beide Fälle haben nach seinen Worten gemeinsam: Ost-Aleppo in Syrien und Mossul im Irak waren in Händen dschihadistischer Kräfte, die sich in Brutalität und rückständiger Weltanschauung kaum unterschieden. Bei beiden habe die westliche Berichterstattung Fakten weggelassen und Fake News verbreitet.

Unter dem Titel „Real War and Fake News: Die Kämpfe um Mossul und Aleppo“ hatte Guilliard auf dem Kongress der Informationsstelle Militarisierung (IMI) am 18. und 19. November in Tübingen über das Thema gesprochen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich gemacht.

Im Fall Syrien sei die westliche Propaganda „so stark wie noch nie in letzter Zeit“, schätzte er gegenüber Sputnik ein. „Im Jugoslawien-Krieg 1999 war schon eine relativ geschlossene Berichterstattung. Das hat auch der Konfliktforscher Jan Oberg festgestellt, der selber im Kosovo unterwegs war. Als er jetzt in Aleppo war, hat er festgestellt, dass es jetzt kaum möglich ist, mit Nachrichten, die dem Mainstream entgegenlaufen, durchzudringen. Gerade Aleppo ist ein herausragendes Beispiel dafür. Da ist alles aufgefahren worden, was es gibt, auch tatsächlich Fake News.“

Hauptteil der Wahrheit weggelassen

Als ein Beispiel nannte Guilliard das Twitter-Mädchen Bana, das Mitleid mit den Eingeschlossen in Ost-Aleppo wecken sollte.

„Die Hauptpropaganda war, dass man einfach einen Hauptteil der Wahrheit schlicht ausgeblendet hat, nämlich den Charakter der Gegenseite und deren Krieg.“

Auch das Weglassen der Opfer von Mossul gehöre zur Propaganda, die solche Feldzüge erst ermögliche, betonte der Friedensaktivist. Bei Aleppo seien die persönlichen Schicksale der Eingeschlossenen und mitleiderregende Bilder von ihnen medial ausgenutzt worden.

„Wer hat was von den Eingeschlossenen in Mossul erfahren? Da kam überhaupt nichts dergleichen.“ Die bei den irakischen Truppen eingebetteten Journalisten hätten meist feiernde Soldaten nach der Einnahme eines Viertels gezeigt. Bei Mossul sei gar nicht versucht worden, Mitgefühl für die betroffenen Menschen zu wecken.

Wären die islamistischen Kämpfer in Ost-Aleppo nicht mehr vom Westen und dessen Verbündeten unterstützt worden, wären keine langwierigen Bombardierungen notwendig gewesen, machte Guilliard klar. „Eine solche Lösung ist natürlich nicht drin, wenn vermittelt wird, dass die Eingeschlossenen die Guten sind, die sich gegen das böse Regime verteidigen. Das ist auch eine Methode, um Wege für eine friedliche Konfliktlösung zu verbauen.“

Falschen Eindruck vermittelt

Die westlichen Schlagzeilen haben im Fall von Ost-Aleppo den Eindruck vermittelt, es ginge um die ganze Stadt, erinnerte der Friedensaktivist. Dabei sei die Zahl der dort eingeschlossenen Menschen bewusst nach oben korrigiert worden. Doch den tatsächlich etwa 150.000 betroffenen Einwohnern der syrischen Stadt hätten etwa 1,5 Millionen Bewohner im irakischen Mossul gegenübergestanden.

Bei Aleppo sei immer so getan worden, als würden die syrische Armee und die russischen Kampfflugzeuge nur unschuldige Einwohner angreifen. „Da hat man von den Kämpfern der Gegenseite überhaupt nichts gehört, auch keine Meldung, dass sie nach der Einnahme des Stadtteils 2012 versuchten, weiter vorzustoßen“, hob Guilliard hervor. Ebenso seien deren tägliche Granat- und Raketenangriffe auf den Westteil der Stadt nie in den deutschen Nachrichten aufgetaucht. Die westliche Medienpropaganda habe den Gegner der syrischen Armee und ihrer Verbündeten verschwinden lassen, ihn unsichtbar gemacht.

„Es wurde völlig ausgeblendet, welcher Art diese Opposition ist, obwohl das mittlerweile gut bekannt ist, wer dahinter steckt.“ Die islamistischen Kämpfer seien als angeblich heldenhafte Verteidiger, als die Guten dargestellt worden, und die syrischen Regierungssoldaten und ihre russischen und anderen Unterstützer als die Bösen.

„In Mossul genau umgekehrt: Da war natürlich klar der ‚Islamische Staat‘ die Inkarnation des Bösen. Das stand außer Debatte. Deshalb war alles gut, was die Gegenseite gemacht hat, obwohl die in Mossul angerichteten Verwüstungen um Größenordnungen umfangreicher sind als in Aleppo, ohne die dortigen Zerstörungen herunterzuspielen.“

Wenig Interesse an realer Lage

In Ost-Aleppo habe es keinen Aufstand gegeben, widersprach Guilliard westlichen Behauptungen. Die Stadtviertel dort seien vielmehr im Sommer 2012 von den islamistischen und dschihadistischen Milizen von außen erobert worden. Dabei wurden bereits große Teile zerstört. Die meisten Bewohner seien in den Westen Aleppos geflüchtet . Mittlerweile hätten die ersten 300.000 Flüchtlinge zurückkehren können.

„Darauf können die Flüchtlinge aus Mossul, vor allem aus dem Westteil der Stadt, noch lange warten. Die werden wohl noch auf längere Zeit in ihren Flüchtlingslagern ausharren müssen, bevor in West-Mossul die grundlegende Infrastruktur wiederhergestellt wird.“

Die meisten westlichen Medien hätten sich wenig dafür interessiert, wie es im befreiten Ost-Aleppo aussieht. Friedensaktivist Guilliard wies auf den schwedischen Konfliktforscher Jan Oberg hin, der vor Ort gewesen war. Dieser habe eingeschätzt, dass maximal zehn Prozent der Gebäude durch Luftangriffe beschädigt worden seien, der Großteil durch die massiven Bodenkämpfe. Dagegen sei der Anteil der Zerstörungen und getöteten Zivilisten in Mossul durch Luftangriffe der US-geführten Anti-IS-Koalition deutlich größer gewesen. Das würden auch die Bilder aus der irakischen Stadt zeigen.

Die eingeschlossenen Einwohner von Mossul hätten nicht fliehen können – aufgehalten vom IS und zum Bleiben aufgefordert durch die irakische Regierung. Dennoch seien die US-geführten Luftangriffe noch gesteigert worden, um die Bodentruppen zu schonen, und die vielen toten Zivilisten dadurch wissentlich in Kauf genommen.

„Im Unterschied dazu hatten in Aleppo wie in anderen syrischen Städten auch die syrische und die russische Armee sich bemüht, den Kampf bis zum letzten Mann zu vermeiden. Es gab am Ende ein Abkommen, wo ein großer Teil der Kämpfer, die das noch wollten, mit leichten Waffen und ihren Familien in die Provinz Idlib abziehen durfte. Andere haben das Angebot der Amnestie angenommen.“

Eigene Verantwortung ausgeblendet

Deshalb seien die Zerstörungen in Ost-Aleppo nicht so groß gewesen, während in Mossul die Altstadt bei der Rückeroberung plattgemacht worden sei. Eines der Motive für Letzteres sei gewesen, dass vor allem Washington, London und Paris den IS physisch vernichten wollten: Um zu verhindern, dass dessen ausländische Kämpfer lebend in ihre Herkunftsländer zurückkehren können, sei die Order erlassen worden, sie vor Ort gleich zu liquidieren. Das sieht Guilliard als einen Grund „für diese ungeheure Brutalität“, mit der vorgegangen wurde.

Nachdem beide Städte befreit worden sind, bleiben die Unterschiede. Der Friedensaktivist wies darauf hin, dass im Unterschied zu Ost-Aleppo in Mossul ein Großteil der Bevölkerung „nicht begeistert war von dieser Art Befreiern, die vor den Toren stehen“. Schon zuvor habe es in anderen irakischen Staaten nach der Rückeroberung brutale Racheaktionen vor allem durch schiitische Milizen gegeben. Dagegen hätten die Islamisten in Aleppo eine nur kleine Zahl von Unterstützern gefunden und gehabt. Der Großteil der dortigen Bevölkerung habe sich befreit gefühlt, nachdem im Dezember 2016 die Dschihadisten besiegt wurden und abzogen – „das wollte man natürlich hierzulande nicht berichten“, so Guilliard.