Deutsche Elite setzt auf Schwarz-Gelb und Merkel und bleibt bei Trump gelassen

Angela Merkel soll als „kluge Strategin“ nach der Bundestagswahl im Herbst weiter Kanzlerin sein. Das wünschen sich die deutschen Eliten laut einer aktuellen Umfrage –  außerdem eine neue schwarz-gelbe Regierung in Berlin. Danach wollen sie eine starke EU, sehen Trump kaum als dauerhafte Gefahr und Russland zur zeit als nicht so wichtig an.

Die deutschen Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik wollen nicht nur, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Bundestagswahl am 24. September im Amt bleibt, und rechnen auch damit. Ihre Lieblingskoalition ab Herbst ist eine aus Union und wieder auferstandener FDP, noch vor einer fortgesetzten Großen Koalition aus Union und SPD. Neben dem Optimismus für die wirtschaftliche Entwicklung beschäftigen die deutschen Eliten in der Außenpolitik vor allem der Zusammenhalt der EU und die Zusammenarbeit mit Frankreich. Erst dann kommen die Beziehungen zu den USA und ein eher gelassener Blick auf US-Präsident Donald Trump. Verbesserte Beziehungen zu Russland sieht nur ein Drittel der Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik als derzeit „sehr wichtig“ an.

Das zählt zu den Ergebnissen des am Freitag in Berlin vorgestellten aktuellen „Capital/FAZ Elite-Panels“. Etwa halbjährlich befragt dazu das Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach im Auftrag der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und des Wirtschaftsmagazins „Capital“ etwa 500 Personen aus den Führungsetagen von Konzernen und Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten sowie aus der Bundes- und Landespolitik und von Bundes- und Landesbehörden. Es handelt sich um „einen Querschnitt durch die wirtschaftliche und politische Elite des Landes“, wie IfD-Chefin Renate Köcher erklärte.

Mehrheit: Trump richtet nur temporär Schaden an

Von diesen befragten Führungskräften zeigten sich etwa 80 Prozent optimistisch, was die Zukunft der Europäischen Union (EU) angeht, erklärte „Capital“-Chefredakteur Horst von Buttlar auf der Pressekonferenz.

„Ein Grund ist dafür nicht zuletzt Donald Trump, auf den die deutsche Elite ohnehin skeptisch und sorgenvoll blickt. 87 Prozent glauben, dass die europäischen Länder aufgrund der Außenpolitik von Trump eher enger zusammenrücken.“

Die meisten halten laut der Umfrage den Schaden für das deutsch-US-amerikanische Verhältnis durch Trump aber nur für zeitweilig. 91 Prozent haben als wichtigstes außenpolitisches Thema für die nächste Legislaturperiode nach der Wahl im September einen stärkeren Zusammenhalt der EU angegeben. Dem folgt mit 80 Prozent eine intensivere Zusammenarbeit mit Frankreich. Dazu gehöre die „Stärkung des deutsch-französischen Motors“, so FAZ-Mitherausgeber Holger Steltzner. „Freihandelspolitik landet da schon abgeschlagen auf Platz 3“, sagte er und verwies auf 62 Prozent für dieses Thema. Nicht einmal die Hälfte, 48 Prozent, der befragten Elite hält engere Beziehungen zu den USA für „sehr wichtig“. Das gaben nur noch 33 Prozent der deutschen Führungskräfte zur Frage nach besseren Beziehungen zu Russland an.

Letzteres könnte damit zusammenhängen, „dass die wirtschaftlichen Beziehungen ja nicht so intensiv und so voluminös sind wie zu anderen Handelspartnern“, vermutete Steltzner, so dass die Wirtschaftselite Russland als nicht so wichtig ansehe. In der vorherigen Ausgabe des „Elite-Panels“ vom Januar dieses Jahres war noch nach dem Verhältnis der EU zu Russland gefragt worden. Das müsse enger werden, meinten daraufhin immerhin 86 Prozent der Führungskräfte – nach 91 Prozent im Jahr 2008.

„48 Prozent der Führungsspitzen aus der Wirtschaft, 33 Prozent der Politiker sprechen sich aktuell für eine Lockerung oder Aufhebung der Sanktionen gegen Russland aus“, hieß es im Januar. In diese Richtung geschah aber nichts, die Sanktionen der EU werden dagegen fortgesetzt. Nur auf geplante neue antirussische US-Sanktionen gab es kürzlich etwas Widerspruch aus Berlin, verbunden mit Andeutungen, sich für ein besseres Verhältnis zu Moskau einsetzen zu wollen.

Diesmal sei nicht extra danach gefragt worden, erklärte IfD-Chefin Köcher auf Nachfrage, stattdessen nur allgemein nach den wichtigsten außenpolitischen Themen für die Elite. Dass Russland dabei nicht weit vorn auftauche, „heißt keineswegs, dass die Leute nicht für eine Verbesserung des Verhältnisses wären“, erklärte die renommierte Meinungsforscherin im Interview.

Merkel soll weiter regieren – mit der FDP

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die klare Favoritin der deutschen Elite mit Blick auf die Bundestagswahl in diesem Jahr. Was an sich wenig überraschend wirkt, zeigt sich deutlichen Zahlen: Der Studie nach ziehen 87 Prozent der befragten deutschen Manager, Politiker und Spitzenbeamten die Amtsinhaberin ihrem SPD-herausforderer Martin Schulz vor. Für diesen würden bei einer direkten Wahl nur zwölf Prozentstimmen. Merkel habe fast zwei Jahre nach der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 und der Aufnahme von etwas weniger als einer Millionen Geflüchteten „alle Zweifel an ihrer Person wieder hinter sich gelassen“, stellten die Autoren des Panels fest.

Zwar wird die Arbeit der Großen Koalition in den letzten vier Jahren von der Elite mehrheitlich nur als „befriedigend“ (Durchschnittsnote 2,9) bewertet. Das sei aber bereits ein gutes Ergebnis, meinte IfD-Chefin Köcher. Für die Kanzlerin wurde ein innerhalb eines Jahres deutlich verbessertes Image festgestellt. 75 Prozent der befragten Elite sehen sie als „kluge Strategin“, während 83 Prozent meinen, dass sie den Kurs ihrer Partei bestimme.

SPD-Kandidat Schulz kommt dagegen deutlich blass und schlecht  weg, in jeweils den beiden erfragten Punkten mit 12 und 30 Prozent. Meinungsforscherin Köcher hält den Hype um Schulz, als er im März als SPD-Kandidat gewählt wurde, für „fast unerklärlich“. „Ich habe so etwas noch nie gesehen“, fügte sie hinzu.

„Dass eine Volkspartei binnen sechs Wochen um zehn Prozent nach oben schießt und das dann innerhalb von acht Wochen wieder verliert, das habe ich so in Jahrzehnten nie gesehen.“

Die Wahlergebnisse bei den folgenden Landtagswahlen im Saarland und zwei anderen Bundesländern hätten gezeigt, dass der Hype ohne reale Folgen blieb.

Bei der deutschen Elite hat dagegen die FDP mit ihren letzten Landtags-Wahlergebnissen wieder für Aufmerksamkeit gesorgt, während die AfD nur unter „ferner liefen“ auftaucht. Und so wünschen sich 65 Prozent der Befragten laut dem Panel eine Koalition aus Union und FDP nach der Bundestagswahl im Herbst und nur 10 Prozent eine fortgesetzte Große Koalition aus Union und SPD, die Ende 2016 noch mehrheitlich erwartet wurde. FDP-Chef Martin Lindner hat es laut FAZ-Mitherausgeber Steltzner sogar geschafft, nach Merkel (91 Prozent) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (84 Prozent) zum aktuell drittbeliebtesten Politiker (81 Prozent) bei der Elite zu werden. Schulz erreichte danach nur 33 Prozent.

Die Führungsspitzen aus der Wirtschaft seien „überwiegend CDU- und FDP-affin“, erklärte IfD-Chefin Köchin auf Nachfrage. Die Eliten erwarten von der nächsten Bundesregierung vor allem einen Kurswechsel in der Infrastruktur- und Bildungspolitik, während bei Themen wie etwa Steuer-, Energie-, Sicherheits- oder auch Rentenpolitik nur „eher begrenzter Korrekturbedarf“ gesehen wird, so die Studie.