Die Anschläge in Teheran am Mittwoch sehen Experten nicht als Aktionen von iranischen Oppositionskräften. Für Peter Philipp von der Deutsch-Iranischen Gesellschaft ist der „Islamische Staat“ der Drahtzieher. Er wie auch der iranische Politologe Behrooz Abdolvand kritisieren die aktuelle Konfrontation am Golf und machen die USA dafür verantwortlich.
„Das ist ein schwerer Schlag für den Iran, denn in den letzten Jahren war es im Land selbst ruhig.“ Das sagte Peter Philipp, Vorsitzender der Deutsch-Iranischen Gesellschaft, zu den Terrorattacken in der iranischen Hauptstadt am Mittwoch. Bei den Anschlägen im iranischen Parlament und im Mausoleum von Ayatollah Chomeini in Teheran sind am Mittwoch mindestens zwölf Menschen getötet worden. Der „Islamische Staat“ (IS; auch Daesh) bekannte sich zu den Terrorattacken.
„Sicherheitskräfte sind überall präsent, sie versuchen die Ordnung wieder herzustellen“, beschrieb der iranischen Ökonom und Politikwissenschaftler Behrooz Abdolvand im Sputniknews-Interview die aktuelle Lage in Teheran. Er hält sich derzeit in der iranischen Hauptstadt auf. „Die Bevölkerung ist sehr ruhig, und sogar das Parlament hat während der Beseitigung der Terroristen weiter gearbeitet. Die tägliche Arbeit wurde nicht unterbrochen, obwohl in dem Gebäude daneben einige Terroristen bekämpft worden sind. Das deutet darauf hin, dass die Lage sehr intensiv unter Kontrolle gebracht worden ist.“
Philipp, langjähriger Leiter der Nahost-Abteilung der Deutschen Welle, hält die Anschläge nicht für einen Teil eines internen Putschversuches, wie er gegenüber Sputnik sagte. „Bei meinem letzten Besuch zu den Wahlen konnte ich sehen, dass der Iran ein krasses Gegenstück zu den anderen Ländern der Region ist. Es war ruhig und friedlich und die Menschen schienen zufrieden.“ Für ihn spricht vieles dafür, dass der IS tatsächlich verantwortlich ist, „der sich ja gerade schwer in Bedrängnis befindet und wohl auch in seinen Hochburgen Rakka und Mossul seine Positionen verlieren wird“. Er befürchtet, „dass der IS auf seinem Weg in den Abgrund noch einige Opfer mitnehmen wird, wie auch gerade in Mossul, wo über einhundert Zivilisten auf der Flucht vom IS getötet wurden.“
Saudi-Arabien hat aus seiner Sicht nichts mit den Anschlägen zu tun, wie im Gegensatz dazu Abdolvand gegenüber Sputniknews vermutete. „Der Verdacht liegt natürlich nahe, auch wenn man den Streit um Katar sieht“, meinte Philipp dazu. „Aber ich glaube nicht, dass die Saudis, gerade jetzt nach der Annäherung zwischen Riad und Washington, so weit gehen würden, den Iran in seinem Herzen anzugreifen, auch wenn die Saudis, wie auch Katar, natürlich radikale islamistische Gruppen unterstützen.“
Attacken auf normales Verhältnis Katar-Iran
Mit Blick auf die aktuell zugespitzte Konfrontation zwischen den Golf-Staaten bezeichnete Philipp die Beziehungen zwischen Katar und dem Iran als „relativ normal“. Die Äußerung des Emirs von Katar, die iranische Politik wäre vernünftiger als die saudische, sei in Riad „sehr schlecht angekommen“. Das bestätigte Politologe Abdolvand: „Katar hatte eine bessere Beziehung zum Iran gesucht und sich im Nahen Osten gemeinsam mit der Türkei in Syrien eingesetzt, um die Kräfte, die von Katar und der Türkei kontrolliert werden, einigermaßen zu beruhigen und an den Verhandlungstisch zu bringen. Das ist etwas, das Saudi-Arabien nicht schmeckt.“ Deshalb übe Riad massiv politischen Druck gegen Katar aus, was aber „eigentlich Zeichen der Schwäche“ sei. Auch Iran-Experte Philipp zeigte sich verwundert über die radikalen Sanktionen gegen das Emirat. „Auf jeden Fall scheinen die Saudis hier Absprachen mit Washington getroffen zu haben. Donald Trump ist ja auch sehr verständnisvoll Riad gegenüber und umso unnachgiebiger gegenüber Teheran.“
„Bis zu den heutigen Angriffen schien die internationale Stellung des Iran recht gut“, so der Vorsitzende der Deutsch-Iranischen Gesellschaft. „Viele Länder, nicht nur Deutschland, sind daran interessiert, vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran wieder auszubauen. Die Einzigen, die stören, sind die Amerikaner, die davon ausgehen, dass der Iran, egal was ist, ein Verbrecherstaat sei und den Terrorismus in der Region unterstützt.“ Diese Position könne „nun wirklich nicht zu einer Aussöhnung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran und letzten Endes zwischen der islamischen Welt in der Region und Israel führen“. Der Experte meinte: „Wir sind im Moment vielleicht gerade Zeuge einer neuen Intensivierung dieser Spannungen.“