Immer mehr Deutsche machen sich Sorgen wegen der Zuwanderung. Das stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für 2016 fest. Die Zahlen sind danach höher als drei Jahre zuvor. Es werden auch mehr Risiken durch die Fluchtbewegung als Chancen erwartet. Zugleich sorgen sich mehr Menschen wegen der Ausländerfeindlichkeit.
Das neueste „Stimmungsbarometer zu Geflüchteten“ des DIW zeigt, dass knapp die Hälfte der dafür befragten Bundesbürger sich „große Sorgen“ mit Blick auf Zuwanderung macht. Das sei „ein mehr als doppelt so hoher Anteil als noch drei Jahre zuvor“, heißt es im Wochenbericht des Institutes, vorgestellt am 26. April. Für Ostdeutschland wurde danach sogar ein Allzeithoch von 56 Prozent gemessen. „Die hohe Besorgtheit in den neuen Bundesländern überrascht insofern, als dass sie in deutlichem Widerspruch zum tatsächlichen Anteil von Migrantinnen und Migranten in Ostdeutschland steht“, erklärte Jannes Jacobsen, einer der drei Autoren der Analyse.
Wie die Wissenschaftler schreiben, sorgten sich im letzten Jahr auch mehr Menschen aufgrund von Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass in Folge der Zuwanderung als im Jahr 2013. Zugleich heißt es in dem aktuellen Bericht, „dass die Befragten in der Fluchtzuwanderung eher Risiken als Chancen sehen“. Dennoch sei nach wie vor „ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland bereit, sich für Geflüchtete zu engagieren – obwohl die Zahl der Hilfsbereiten im vergangenen Jahr leicht gesunken ist“.
Im Durchschnitt des vergangenen Jahres hätten rund ein Drittel der Menschen in Deutschland sich in Form von Geld- und Sachspenden engagiert. „Zehn Prozent halfen vor Ort, etwa indem sie Geflüchtete bei Behördengängen oder beim Erlernen der deutschen Sprache unterstützten“, stellten die Wissenschaftler fest. Im Jahresverlauf sei die Hilfsbereitschaft jedoch leicht gesunken. „Möglicherweise geht dieser Rückgang auf die Wahrnehmung zurück, dass Hilfe angesichts der vor allem im Vergleich zum Jahr 2015 stark gesunkenen Zuwanderungszahlen derzeit weniger dringend ist“, meinen die Autoren.
Ostdeutsche mit weniger Ausländern als Nachbarn, aber besorgter als Westdeutsche
Im Rahmen des Stimmungsbarometers seien die Befragten gebeten worden, die Folgen der Fluchtzuwanderung auf einer Skala von 1 (extrem negativ) bis 11 (extrem positiv) zu beurteilen. „Besonders ins Auge fallen die skeptischen Einschätzungen der kurzfristigen Effekte, während viele Befragte langfristig weniger Probleme erwarten.“ Am optimistischsten hätten die befragten Personen die Effekte auf die Wirtschaft eingeschätzt. Am pessimistischsten sei der Einfluss auf die Lebensqualität in Deutschland bewertet worden. Die Skeptikerinnen und Skeptiker hätten das Stimmungsbild geprägt, so die DIW-Analyse: „Zwischen 40 und 57 Prozent beurteilten die Folgen der Zuwanderung Geflüchteter insgesamt negativ.“
Das Thema Ausländer und Flüchtlinge sei für die Bevölkerung in den letzten beiden Jahren die „dringlichste Herausforderung“ geworden. Es habe dabei die lange Jahre dominierenden Problemfelder „Arbeitslosigkeit“ und zeitweise „Euro- und Finanzkrise“ abgelöst. Das wird in dem Material, gestützt auf Ergebnisse der Forschungsergebnisse Wahlen, festgestellt.
„Die Sorgen bezüglich der Zuwanderung sind in den Jahren2015 und 2016 deutlich gestiegen: Demnach machten sich im Jahr 2016 in Deutschland insgesamt 49 Prozent der Befragten ‚große Sorgen‘ um dieses Thema.“
Die Zuversichtlichen seien „durchgehend in der Minderheit“, stellten die Analyseautoren fest. Es gebe Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Erstere seien eher zuversichtlich, wie auch Ledige „etwas optimistischer als Verheiratete“. Auch der Bildungsgrad beeinflusse das Ausmaß der Sorgen, so der DIW-Wochenbericht. Und: Die Gruppe der Arbeiterinnen und Arbeiter sei vergleichsweise skeptischer als Angestellte und Beamte. Aber auch der Wohnort macht anscheinend Unterschiede aus. Wer in Kleinstädten oder Dörfern lebt, ist laut der Studie „eher pessimistisch eingestellt“, was die Folgen der Fluchtbewegung angeht.
„In Bezug auf den Wohnort fällt jedoch der Unterschied zwischen alten und neuen Bundesländern am deutlichsten aus: Ostdeutsche waren um mehr als einen halben Punkt skeptischer als Westdeutsche.“