Krone-Schmalz kritisiert Medien: Russland wird mit zweierlei Maß gemessen

(redigiert)

Der  deutsche Medien-Mainstream ist weiter darauf ausgerichtet, alles als falsch darzustellen, was Russland tut. Das kritisiert Gabriele Krone-Schmalz, langjährige ARD-Korrespondentin in Moskau. Sie fordert mehr Respekt vor unterschiedlichen Sichten. Bei einer Veranstaltung des Deutsch-Russischen Forums am 20. März in Berlin gab sei ein kurzes Interview.

Frau Professor Krone-Schmalz, wie schätzen Sie das aktuelle deutsch-russische Verhältnis ein?

Das deutsch-russische Verhältnis würde ich mir besser wünschen, weil eigentlich jede Seite intensivstes Interesse daran hat, dass das Verhältnis gut ist – wir sind Nachbarn. Es ist leider sehr schlecht. Und ich versuche, wie die Meisten wissen, mit meiner Arbeit dazu beizutragen, Menschen aufzuklären und das Verhältnis wieder besser zu machen. Damit man nicht, was Russland betrifft, in einem Automatismus mit zweierlei Maß misst, was von vornherein fast alle Lösungsvorschläge und Lösungsversuche ad absurdum führt.

Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht die Medien bei diesem leider angespannten Verhältnis? Sie haben ja in Folge Ihres Buches auch einiges erlebt an Vorwürfen wie „Russland-Versteherin“ und ähnliches.

Im Grunde, wenn es nicht so traurig wäre, müsste man darüber lachen, dass so ein Begriff wie „Verstehen“ dazu taugt, Menschen auszugrenzen. Wenn ich etwas verstehe, habe ich die Chance, gut zu reagieren, habe ich die Chance, richtige Entscheidungen zu treffen. Wenn ich nichts verstehe, ist die Gefahr relativ groß, dass ich falsche Dinge tue. Also das schon mal vorab. Und was ich mir wünschen würde und was ich auch von meiner Gesellschaft erwarte, einer freien Gesellschaft, pluralistisch strukturiert: dass man zivilisiert streiten kann. Ich erwarte ja nicht verbindlich, dass alle meiner Meinung sind. Aber ich erwarte, dass man respektvoll miteinander streitet, dass man Argumente austauscht und dann zum Schluss feststellt, wer die besseren Argumente hat. Und nicht mit Unterstellungen arbeitet, wer von wem bezahlt war – das ist mir zu primitiv.

Was könnten die Medien dazu beitragen, dass sich das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland verbessert?

Es ist wirklich schwierig mit den Medien. Ich stelle mich auch nicht hin und sage: Alle Kollegen machen Mist. Aber ich stelle fest, dass es doch einen gewissen Mainstream gibt, aus welchen Gründen noch immer. Der hat strukturelle Gründe, da gibt es verschiedene Dinge, die da eine Rolle spielen – also von Absicht bis Dusseligkeit kann alles dabei sein, und, wie gesagt, auch strukturelle Gründe. Dass ein Mainstream, der im Moment darauf ausgerichtet ist, dass, egal was Russland macht, alles falsch ist. Was mir wichtig ist: Ich finde die Aufgabe von Journalisten ist es, Interessen darzulegen, Interessen herauszufinden. Oder ich sage es mal andersrum: Wenn man versucht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen – das ist ja nun mal die Aufgabe von Journalisten –, dann muss man erstens akzeptieren, dass es mehr als eine gibt, weil es auch eine Frage der Wahrnehmung ist. Und dann muss man zweitens versuchen, Interessen auf den Grund zu gehen. Das sollte man ehrlich tun, und zwar ganz egal, ob es sich um Deutschland, um die EU, um Russland, um die USA oder wen auch immer handelt. Und das versuche ich mit meiner Arbeit.

Haben Sie noch Hoffnung?

Aber klar doch. Wer resigniert, ist schon gestorben.